... die alles verändert haben
Wie ich bereits in meinem Hauptblog http://www.maeuse-zaehnchen.blogspot.de/ in meinem Jahresrükblick erwähnt habe, verbrachte ich letztes Jahr 6 Wochen auf einer offenen psychiatrischen Station.
(Originalpost von "Das Yogamädchen - Der Achtsamkeitsblog" vom 01.06.2016)
(Originalpost von "Das Yogamädchen - Der Achtsamkeitsblog" vom 01.06.2016)
Es war natürlich nicht leicht dort hin zu "müssen". Ich würde viel getrennt sein von meiner Familie und müsste mich in ein ganz neues Gefüge einfügen. Das erwies sich aber alles als gar nicht so schlecht, sondern als längst überfällig.
Die Klinik selbst war für mich in wenigen Minuten fußläufig von zuhause entfernt und ich konnte außerhalb der Therapiezeiten immer nach Hause. Diese Zeit teilte ich mir so ein, wie ich es brauchte. So bin ich z.B. vor und nach Ostern gar nicht nach Hause gegangen und war dafür Ostern nur zuhause. Mein Mann und ich verbrachten einen Tag ganz alleine, an dem ich Tagesurlaub hatte, und ich holte auch manchmal unseren Sohn von der Tagesmutter ab und schlief eine Nacht zuhause.
Außerdem hatte ich zu vielen anderen, neuen Menschen Kontakt, hatte mit anderen Dingen zu tun, wie es in meinem Alltag der Fall. All die Menschen brachten auf viele verschiedenen Weisen frischen Wind und Abwechslung in mein Leben.
Es war für mich ein komischer Gedanke wieder nach langer Zeit alleine in einem Bett zu schlafen, aber es tat mir im nachhinein gut. Ich hatte zum Glück auch ein Einzelzimmer. Hätte ich mir mein Zimmer mit jemanden teilen müssen wäre das ganze evtl. nicht so erholsam für mich gewesen. Ich hatte seit Monaten, wenn nicht sogar seit Jahren Schlafprobleme und hatte auch schon vieles versucht, um dem Schlafen nachzuhelfen und zu verbessern. Dort entschied ich mich, einfach nichts mehr zu machen, machte quasi ein Reset und seitdem ist mein Schlaf wieder normal und problemlos und was ganz wichtig ist, ich komm auch mal mit einer unruhigen Nacht warum immer klar.
Für mich waren die 6 Wochen ein komplettes Reset. Ich konnte mein Leben so gestalten, wie ich es brauchte. Mich zurückziehen oder Kontakt suchen, meine Zeit mit den Dingen füllen, auf die ich Lust hatte. Zeit mit meinem Mann/Familie verbringen oder eben Abstand nehmen.
Wie ich bereits in meinem Hauptblog http://www.maeuse-zaehnchen.blogspot.de/ berichtete, wollte ich eigentlich vor ziemlich genau einen Jahr auf Mutter-Kind-Kur fahren, was ja dann scheiterte. Nach der Therapie wollte ich diese abgebrochene Kur nachholen, hab mich dann wegen der Schwangerschaft dagegen entschieden. Ich glaube auch zum Zeitpunkt, wo die eigentliche Kur statt finden sollte, hätte mir diese nicht im entferntesten so geholfen wie diese 6 Wochen. Und um ehrlich zu sein, kann ich mir auch jetzt nicht vorstellen, dass mich eine Mutter-Kind-Kur so erholen würden, wie ich es evtl. bräuchte und wie ich es nach den 6 Wochen war.
Natürlich war es sehr drastisch und für meinen Mann und meinen Sohn nicht einfach, aber die beiden meistern die Zeit verdammt gut und ich finde auch für sie war diese Zeit ein Reset. Sie mussten sich an Neues gewöhnen, sich anpassen. Wir sortierten uns neu und bekamen insgesamt eine positive Wendung in unserem Familienleben und Familien-Dasein. Seit dem läuft alles viel entspannter von allen Seiten.
Ich konnte endlich das einfordern, was ich so lange schon gebraucht hatte. Ich stand an erster Stelle, ich musste mich nicht anpassen und kam raus aus dem alltäglichen Gefüge.
Für mich war meistens immer wichtiger: Was empfinden Andere? Wie geht es Anderen? Trete ich irgendjemanden auf den Schlips? Fall ich irgendwie komisch auf? Mach ich irgendetwas irgendwie falsch? Ich war es gewohnt mich anzupassen, mich anders zu zeigen, wie ich bin, um in der Masse nicht aufzufallen, was für mich oft ein ganz großes Desaster war, wenn mir das mal nicht gelang. Was dann dazu oft noch nicht mals meine Absicht war. Etwas abzulehnen oder mich dagegen zu entscheiden, weil ich mich damit nicht wohl fühlte kam selten für mich in Frage.
Warum ich diesen Bericht auf diesen Blog schreibe hat damit zu tun, dass ein ganz großer Teil meiner Therapie dort war, Achtsamkeit zu lernen für das hier und jetzt, für mich, körperlich wie psychisch/seelisch, Meditation zu lernen und ich zu alle diesem, auch zum Yoga, einen neuen Zugang gefunden habe. Nämlich den, dass ich auch wirklich Kraft für mich daraus schöpfen kann und es nicht nur einfach schnell mache, aber die eigentliche Wirkung sich dabei nicht entfalten konnte.
Ein großer Bestandteil war auch, dass ich mich öfters am Tag mit meiner Gefühlslage befassten musste. Vor jeder Therapiestunde, egal welche, wurde man gefragt, wie es einem geht, allgemein und auf die bestehende Stunde bezogen, und auch am Ende der Stunde wurde man gefragt, wie es einem nach der Stunde ergeht. Wir machten jede Woche eine Wochenendplanung und nach dem Wochenende besprachen wir dises. Das trug auch dazu bei, das ich mich viel mit mir selbst auseinander setzen musste und mir meiner Gefühlswelt bewusster wurde.
Mir wurde während der Therapie bewusst, welche Umgangsstrategien ich mir eigentlich früher angeeignet hatte, um mit vielen um gehen zu können, aber dann mit der Zeit mir abtrainiert hatte, damit ich nicht komisch wirkte oder unnormal. Also ließ ich diese Umgangsstrategien wieder zu und merkte, dass es mir mit vielen Dingen viel besser geht.
Außerdem habe ich seit dem ein besseres Gefühl für mich. Mir war immer sehr wichtig, dass ich nicht schlecht aussehe, so bin ich zum Beispiel ungern ohne Kajal raus gegangen. Ich habe dieses "schlecht aussehen" aber nicht darüber definiert, was mir nicht an mir gefiel, sondern was Andere über mich denken könnten. Und jetzt gefalle ich mir sogar komplett ungeschminkt und geh öfters so raus. Ich gehe sogar oft mit "Bad Hair" aus dem Haus, weil ich mir so gefalle. Ich muss mich auch nicht für jedes vor die Tür gehen in "Ausgangskleidung" schmeißen, sondern kann auch einfach mal was an haben, was mir bequem ist und mir gefällt, aber eben auch eher Gammelklamotten sind. Und ich finde mich dabei nicht schlecht aussehend, sondern fühle mich aus allen Gesichtspunkten so wohl.
Die Therapie machte mir aber auch bewusst, was ich wie in meinen Leben wie gewichten sollten bzw. was mir wie wichtig ist. Außerdem bekam ich einen neuen Zugang zu meiner Gefühlswelt. Vor der Therapie fühlte ich mich oft unecht, neben mir stehend, als würde ich einfach funktionieren, dabei aber nicht wirklich existieren. Das ist seit dem nicht mehr Fall.
Man mag es kaum glauben, aber als ich dort nach 6 Wochen wieder ganz nach Hause musste, habe ich vor Abschiedsschmerz geweint. Das hatten sie dort auch noch nicht oft erlebt :) Ich hatte Angst vor der Zeit, die bevor stand und habe wirklich der Zeit hinterhergetrauert, die ich erlebt hatte, da sie so vieles in meinem Leben verändert hatte. Ich wollte sogar gerne länger dort bleiben, was ich nicht durfte. Im Nachhinein war es genau der perfekte Zeitpunkt dort aufgehört zu haben und wieder in mein richtiges Leben zurückzukehren.
Ich müsste natürlich lügen, wenn ich sagen würde, jetzt ist alles super und alles läuft toll. Ambulant geht die Therapie weiter und es gibt Tage da gehts mir eher etwas schlechter und Phasen, da geht es mir richtig gut. Das ist aber auch gar nicht schlimm. Das brauch alles Zeit. Wichtig ist, dass mir das bewusst wird und ich es annehme. Ich also versuche mir an diesen Tagen zu helfen, aber mich nicht selbst runter mache, weil ein Tag mal nicht so gut gelaufen ist.
Kein Mensch ist eine Maschine, kein Mensch ist perfekt. Jeder Mensch ist einfach ein Mensch.
Das Yogamädchen
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