Ich beschäftige mich im Moment mit Neurodiversität und was so im weitesten Sinne dazugehören könnte und bin gleichzeitig über den Begriff Gefühlsstark sehr oft gestolpert, sodass ich einmal wissen wollte, was sich genau dahinter verbirgt und andererseits wissen wollte, wo gehört es zu und wovon grenzt es sich ab (SPOILER).
Allgemeines:
Titel: So viel Freude, so viel Wut
Autor/in: Nora Imlau
Verlag: Penguin Verlag
Seitenzahl: 320
Erschienen: 2021 (Taschenbuch)
Inhalt:
Das fand ich gut:
Den Begriff Gefühlsstark an sich mag ich sehr, da er gebraucht werden kann für jedes Gefühl, dass stärker auftritt und es alle Gefühle zusammenfasst, sodass keine bestimmten Gefühle in den Fokus gestellt werden. Ich finde, es ist auch Situationsabhängig brauchbar, dass jemand jetzt grade Gefühlsstark ist.
Ich Buch bin ich über den Begriff Bedürfnisstark und liebesbedürftig gestolpert, was ich auch so viel besser finde als High-Need Baby, Schreibaby oder eben Kinder, die sehr lange sehr viel von den Eltern brauchen. Es wird auch hier nichts in den Fokus gestellt. Beides sind eher Oberbegriffe.
Sehr gut fand ich die Erklärung der Grundbedürfnisse, da diese häufig nicht bekannt sind.
Ich mochte es sehr, dass auf Eltern eingegangen wird, einerseits wie sie sich fühlen, und andererseits wie sie sich um sich kümmern können. Auch gut find ich, dass Geschwisterkinder einbezogen werden, vor allem wenn mehrere Kinder Gefühlsstark sind.
Auch habe ich festgestellt, dass einiges für mich selbstverständlich ist und ich viele beschriebene Situationen als alltägliche Situationen mit meinen Kindern einordne. Ich habe alle meine Kinder wiedergefunden.
Das fand ich nicht so gut:
Was ich jetzt unter diesem Punkt schreibe, hat nicht alles direkt etwas mit Buch und dessen Inhalt zu tun. Ich möchte dazu sagen, dass ich einerseits Kinder habe, die Diagnosen bekommen haben und für uns sind die Diagnosen richtige Offenbarungen und erleichtern uns das ganze Leben. Und ich selbst, stecke jetzt darin, herauszufinden, was mit mir los ist. Ich seh das alles eher aus der Brille, dass bis ins Erwachsenenalter etwas nicht erkannte wurde, was aber das ganze Leben negativ geprägt hat.
Gefühlsstark wird als Gegenbezeichnung für alle die negativen Labels und Diagnosen bezeichnet, es gibt kein Test, es ist keine Diagnose, sondern wenn man sein Kind darin wiederfindet, wird es das sein. An anderer Stelle kommt noch, dass wenn man mehr vermutet, dies auch abklären lassen sollte. Ich verstehe die Negativbehaftung mancher Verwendungen, und finde es persönlich schwierig, Gefühlsstark als den alles umfassenden Begriff zu sehen, da dann Kinder durchrutschen und es eben nicht einfach nur ein Label oder eine Diagnose ist, sondern da steht ja was hinter, da laufen Dinge im Körper anders ab als bei Menschen ohne das (was ich aus eigener Erfahrung weiß, dass diese Vorgänge gar nicht erklärt werden und eben gar nicht klar ist, was die Diagnose in ihrer Gesamtheit bedeutet), und so kann es das ganze Leben beeinflussen, auch kommen mit Diagnosen Vorteile und Ausgleiche in Betrachtung, die wiederum Situationen erleichtern können.
Auch tu ich mich dem, wie sich Gefühlsstärke zeigt, schwierig, und da geht es mir bei der Hochsensibilität ähnlich, denn am Ende kann bei all den Symptomen gar nicht klar gesagt werden, was steckt noch alles mit drin (weil unerkannt), und was gehört gar nicht dazu, sondern zu etwas anderem.
Fazit: Es steckt unendlich viel Input im Umgang mit Kindern drin, was für mich eher den generellen Umgang mit Kindern ausmacht. Viele Situationen kommen auch bei nicht Gefühlsstarken Kindern immer mal wieder vor, wenn auch evtl. nicht in der stärke, so ist vieles sehr hilfreich. Der Fokus liegt nicht alleine aufs "betroffene" Kinder.
Ich finde den Begriff eher als eine Charakterfacette einzuordnen und finde, wenn Eltern in den ganzen Beschreibungen ihr Kind wiederfinden, dass eine weitere Abklärung sinnvoll ist.
Bleiben oder Weg? Es steht weiter in meinem Regal :)
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.
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